"Der Herrgott will mich noch nicht"

Chorleiter Gotthilf Fischer: (Fotos)

So überlebte ich drei schwere Flugzeugabstürze

Eineinhalb Tage im Dschungel Brasiliens gefangen

 

Am 11. Februar 2003 wird Chorleiter Gotthilf Fischer 75 Jahre alt.

Er fühlt sich pudelwohl und kerngesund. „ Doch normalerweise hätte ich schon mindestens sechsmal tot sein müssen „, sagt der quirlige Schwabe. Er hat drei schwere Verkehrsunfälle mit Totalschaden überstanden. Doch als noch größeres Wunder sieht Fischer in drei schweren Flugzeugabstürzen die er überlebt hat. Außer Prellen, Schürfwunden und Sehnenabrisse hat er nichts abbekommen.

„Der Herrgott braucht mich noch nicht„ sagt er zu den unglaublichen Dramen in seinem Leben.

Zum erstenmal erzählt Gotthilf Fischer von den Flugzeugabstürzen, von den schlimmsten Stunden in seinem Leben.

  1968: Ein kalter Wintertag in Westfalen. Fischer hatte einen Termin in Münster. Ein Privatflieger sollte ihn nachmittags vom Flughafen Osnabrück zurück nach Stuttgart fliegen, damit er dort seine Chöre schulen konnte. Trotz Glatteis bekam die einmotorige Cessna eine Starterlaubnis. Nach einige hundert Metern, es war kurz vorm abheben, bäumte sich das Flugzeug auf, überschlug sich.„ Auf dem Rücken sausten wir dann über die Piste auf eine freie Grasfläche“ erinnert er sich. Außer einigen Kratzern an der Hand war ihm und dem Piloten nichts passiert. Fischer:“ Ich habe dann den Zug genommen, aber die Probe verpaßt.„

  1969: Gotthilf Fischer war allein in Süd- und Nordamerika unterwegs. Wollte Tourneen und Gastspiele vorbereiten. Er besuchte u.a. Fuss-ballstar Pele in Santos / Brasilien und reiste dann weiter nach Buenos Aires / Argentinien. Der Rückflug mit 120 Passagieren in einer DC 8 ging über New York. Anflug auf dem Kennedy Airport. Die Maschine nicht kam zum Stillstand, raste mit hoher Geschwindigkeit über die Piste hinaus und stürzte ins Meer.

Fischers Erinnerungen: „ Wir sanken nur ganz langsam. Als die Retter kamen, ragte das obere Drittel des Rumpfes noch aus dem Wasser. Feuerwehrleute schweißten den Rumpf auf und zogen uns in Schlauchboote.“

1971:“ Das war der grausamste Crash“, erzählt Fischer. Er war auf Brasilien-Trip. Mit elf anderen Personen, darunter zwei Deutsch-Brasilianern,  bestieg er in Sao Paulo ein zweimotoriges Nahverkehrsflugzeug nach Rio. Am Steuerknüppel geschulte Buschpiloten.

100 Kilometer vor der Landung geriet die Maschine in ein schweres Tropengewitter.

„ Es war wie in einer Achterbahn. Es blitzte, donnerte, prasselte.“ Dann schlug die Maschine auf Baumwipfel. Es krachte fürchterlich. „ Danach kam ich mir wie in einer Schaukel vor“, sagt Fischer. Einige Leute bluteten. Eine Frau war so geschockt, daß sie minutenlang schrie.

Das Flugzeug war schwer beschädigt, ein Flügel abgebrochen. Doch der Kapitän warnte.

Bleibt alle sitzen. Hier gibt es Schlangen. Wenn die uns am Hals erwischen, sind wir blitzschnell erwürgt. Eineinhalb Tage verbrachte Fischer im Wrack.

Dann die Erlösung. „Über uns kreiste ein Flugzeug. Die Piloten hatten die von der Unfallstelle abgefeuerten Leuchtkugeln gesehen.  Zwei Stunden später kamen Rettungsmannschaften mit 20 Meter hohen Drehleitern und holten uns raus.“ Leidet Gotthilf Fischer nach diesen grausamen Erlebnissen heute an Flugangst ? „Überhaupt nicht. Ich habe ja einen ganzen Chor von Schutzengeln.“

Einen guten Schutzengel hatte Gotthilf Fischer bereits wenige Stunden nach seiner Geburt.

Als seine Mutter Maria mit dem Taxi zur Entbindung ins Krankenhaus nach Deizisau in Schwaben fuhr, stieß der Wagen mit einem anderen Fahrzeug zusammen.

Vor dem Kreißsaal schworen damals Angehörige und Ärzte: Wenn es ein gesunder Junge wird, dann nennen wir ihn Gotthilf.

F.J. RICKERT / FOTOS: PEDRO VORWERK